Mobbing – ein Thema, mit dem sich leider schon viele von uns auseinandersetzen mussten. Als Kind war ich selbst ein Mobbingopfer und weiß, wie es sich anfühlt, von anderen ferti g gemacht zu werden. So erging es auch einer jungen Frau, die ich kennenlernen durft e. Die Mutter der jungen Frau rief uns zum Reinigungseinsatz. Der traurige Hintergrund: ihre Tochter hatte versucht, sich das Leben zu nehmen.
In Abwesenheit ihrer Eltern hatte sich die Abiturientin im Badezimmer die Pulsadern aufgeschnitten, um ihrem Leben ein Ende zu setzen. Sie verließ jedoch von einer offensichtlichen Rastlosigkeit getrieben das Badezimmer und lief blutend durch die ganze Wohnung.
Blut, Mobbing und Opfer
Als wir ankamen fanden wir überall Blut – in der Küche, auf dem Boden, den Schränken und natürlich im Badezimmer. Es sah wirklich schlimm aus. Zum damaligen Zeitpunkt wusste ich noch nicht, dass das Mädchen den Vorfall überlebt hatte und der Selbstmordversuch misslungen war. Ich ging vom Schlimmsten aus, denn die Reinigung zog sich aufgrund des vielen Blutes, das teilweise schon eingetrocknet war, bis in den späten Abend. Noch während wir zugange waren, kamen die Eltern mit ihrer Tochter nach Hause. Es war ihnen anzusehen, dass sie mehr als erleichtert waren, ihr Mädchen am Leben zu wissen. Wir informierten sie über den aktuellen Stand der Dinge und auch darüber, dass wir einiges entsorgen mussten, das nicht mehr gereinigt werden konnte.
Im Gespräch ergab es sich, dass mir die Mutter erzählte, warum ihre Tochter versucht hatte sich umzubringen: Sie war Opfer von Mobbing geworden. Ich selbst bin in einem sozialen Brennpunkt aufgewachsen und habe erlebt, wie schlimm Mobbing sein kann – das habe ich auch mit der jungen Frau geteilt. Ich wurde gequält, geschlagen und getreten. Obwohl ich mich damals niemandem anvertraut habe, hatte ich doch das enorme und seltene Glück dank einer gewissen inneren Stärke aus der Opferrolle herauszutreten – etwas, das die junge Frau leider nicht geschafft hatte. Sie hatte für sich nur noch einen Ausweg gesehen.
Wie kann es soweit kommen?
Meine eigene Geschichte hat sie so bewegt, dass sie mir ihr Herz ausschüttete und erzählte, warum sie nicht mehr leben wollte. Sie wollte eigentlich nur ihr Abitur machen und ihre Ziele verfolgen, ganz normal sein. Ihr Traum sei es, Juristin zu werden, doch diese Lebenseinstellung kollidierte mit der ihrer Clique. Die Menschen, die sie als Freunde sah, hatten noch keinen wirklichen Plan für ihr Leben. Sie wollten sich lieber treiben lassen. Jetzt könnte man leichtfertig sagen, sie habe sich schlicht die falschen Freunde ausgesucht. Doch wir alle wissen selbst, dass es nicht leicht ist, Freunden den Rücken zuzukehren. Nach und nach rutschte sie in die Opferrolle und wurde zunehmend gemobbt – etwas das sie nicht leicht wegstecken konnte.
Lass dein Leben nicht von anderen bestimmen
Das Leben ist viel zu schön und wertvoll, um es sich von irgendwelchen Idioten und deren Sichtweise kaputt machen zu lassen. Lass dir niemals deinen Lebensmut und deine Lebensfreude nehmen. Die Täter, die dir dein Leben schwer machen, sind extrem feige und in Wirklichkeit die Schwachen. Sie verstecken sich oftmals online hinter anonymen Äußerungen und Kommentaren. Die wenigsten würden jedoch zugeben, solche Aussagen jemals gemacht zu haben. Leider gibt es Mobbing in allen Gesellschaftsschichten und Altersklassen – ob in der Schule, im Beruf oder im sozialen Umfeld. Jeden trifft es unterschiedlich. Ich frage dich jetzt ganz persönlich: Hast du schon einmal ähnliches beobachtet, hast du gesehen, wie jemand gemobbt wurde und hast du reagiert? Geh mal in dich und frage dich: „Hätte ich da vielleicht eingreifen sollen?“ Hab den Mut, Mobbing offen anzusprechen und wenn du kannst zu unterbinden, denn die Folgen können tödlich sein.