Es ist wie es ist… Oft neigen wir dazu, Dinge zu schnell zu akzeptieren. Die Informationsflut, der wir täglich ausgesetzt sind, trägt dazu bei, dass wir vieles nicht mehr hinterfragen. Und nein, ich möchte jetzt keine Verschwörungstheorien oder Ähnliches aufstellen, sondern aufzeigen, dass es mitunter das eigene Leben kosten kann, wenn man sich mit dem zufriedengibt, was einem andere sagen.
Wir wurden von einem unserer Kunden, einer Hausverwaltung, beauftragt einen Leichenfund zu beräumen und die Wohnung wieder soweit auf Vordermann zu bringen, dass sie vermietet werden kann. Ein ganz normaler Auftrag im Leben eines Tatortreinigers und doch verbirgt sich auch hinter dieser Geschichte wieder etwas, das meine Sichtweise auf das Leben änderte.
Tödliche Krankheit?
Der Mann, der in der Wohnung lebte, war auf der Couch verstorben und lag dort wohl noch eine ganze Weile, bis jemand seinen Tod bemerkte. Es wurde bereits der Strom in dieser Wohnung abgestellt, was wiederum dazu führte, dass der Kühlschrank auslief, was bei den Nachbarn darunter nicht unbemerkt blieb. Im Großen und Ganzen hatten wir also eine ziemliche Sauerei, die wir bereinigen mussten. Was mir in Erinnerung blieb, dass auf dem Couchtisch eine Vielzahl an Medikamenten wie bei einer kleinen Bar aufgebaut waren. Daneben lag ein genauer Plan, wann genau welches Medikament eingenommen werden muss.
Mein Kollege und ich haben uns gefragt, woran dieser Mann wohl litt, dass er ca. 30-40 Medikamente nehmen musste. Bei der Eigentumssicherung und der Durchsicht seiner Krankenakten stellte sich heraus, dass der Mann die Diagnose für eine schwere und seltene Krankheit erhalten hatte – doch war das wirklich der Fall? Wir haben auf Basis der vielen Medikamente, die er einnehmen musste, überlegt, ob er für sich wirklich alles getan hat, um herauszufinden, ob er tatsächlich an einer seltenen Krankheit litt. Man hört ja immer wieder, dass Ärzte nicht unfehlbar sind und manchmal Fehldiagnosen stellen.
Die wirkliche Todesursache
Der verstorbene Mann erhielt einen erschütternden Befund in dem stand, dass seine Krankheit unweigerlich zum Tode führen sollte. Doch hatte er seine Diagnose überhaupt hinterfragt? Es gab doch nur eine Akte, die belegte: „Das ist ihr Problem, hier sind ihre Tabletten und sie haben aller Wahrscheinlichkeit nach noch so lang zu leben.“ Im Anschluss an diese Diagnose ist er wohl sehr schnell verstorben. Er hat diese Realität, die vielleicht gar keine war, für sich übernommen. Dieser Fall hat mich damals so sehr interessiert, dass ich mir größte Mühe gab bei der Autopsie, Information darüber zu bekommen woran dieser Mann tatsächlich verstorben ist. Und die Todesursache, das kann ich an der Stelle sagen, war nicht seine diagnostizierte Erkrankung. Viel schlimmer: Er war gar nicht krank. Sein Kopf, seine Gedanken vielleicht auch die Tabletten, all das, was er zur Realität hat werden lassen, das was ihm jemand anderes als Todesdiagnose geben hat, war eine tragische Verkettung, die letztlich zu seinem Tod führte. Ich will hier keinen Arzt diskreditieren, das liegt mir fern. Aber ich selbst hatte ebenfalls eine Fehldiagnose.
Diagnose Krebs
Vor einigen Jahren litt ich an einer Knochenwucherung im Kieferbereich, die mich beeinträchtigte und daraufhin auch entfernt wurde. Das abgeschliffene Knochengewebe wurde anschließend zur Analyse in ein Labor geschickt. Daraufhin erhielt ich die Diagnose: Sie haben einen bösartigen Tumor – sprich Krebs. Mit dieser schrecklichen Diagnose musste ich jetzt leben. Ich kam nicht umhin das mit meinem für mich sehr wichtigen und lieben Freundeskreis zu teilen. Also habe ich sie alle eingeladen und es wie eine Feier aussehen lassen. Wir haben alle zusammen gegessen und getrunken und als der Abend ein bisschen lockerer wurde, habe ich erzählt: „Leute passt auf, ich bin krank, ich sterbe. Wann genau weiß ich nicht.“ Es war einfach furchtbar. Wir haben alle angefangen zu weinen.
Es haben mich allerdings viele darin bekräftigt, mir eine zweite Meinung einzuholen. Es kann doch nicht sein, dass ein Mensch sagt: so ist es. Wie sich herausstellte, war alles anders – es war eine Fehldiagnose. Ich hatte schon ein Abschluss-Szenario für mich im Kopf und hatte mir schon ausgemalt, wie ich vielleicht tatsächlich an so einer Krankheit sterben werde. Das war sehr schwierig zu verarbeiten und ich bin froh, dass ich damals die Weitsicht hatte, mir weitere Meinungen einzuholen, obwohl ich eigentlich schon damit abgeschlossen hatte. Das wäre mit Sicherheit der falsche Weg gewesen und hätte mich nicht jemand darin bekräftigt, einen anderen Weg zu gehen, dann wäre diese falsche Realität für mich zu einer echten geworden. Doch ich habe es für mich damals nicht zugelassen, diesen einen Fakt als Realität zu akzeptieren.
Zieh kein zu schnelles Fazit
Jeder einzelne von euch, der auch einmal in einer solchen Situation war, kann das nachvollziehen, aber ich rufe wirklich jeden von euch dazu auf: Wenn ihr jemanden kennt, der vielleicht gerade in irgendeiner Form in einer Sackgasse steckt, helft ihm dabei, noch eine andere Sichtweise zu bekommen. Immer in der Akzeptanz dessen, dass er natürlich sein eigenes ‚Lebenskino‘ hat, aber immer in der Bewusstheit, dass es zu einem anderen Ergebnis führt, wenn man tiefer hinterfragt und kein zu schnelles Fazit zieht. Akzeptiert nicht zu schnell die Sichtweise eines anderen Menschen, der sagt, dass es so ist oder, dass ihr etwas nicht schafft. Das ist seine Sichtweise, nicht deine und es sollte nicht dein Lebensfazit sein, so etwas zu akzeptieren.