Was ist Schmerz?
In erster Linie verbinden wir Schmerz mit einem unangenehmen Gefühl. Das kann körperlich sein, wenn wir zum Beispiel ein Bein brechen, oder seelisch nach einer Trennung oder bei einem Verlust eines Menschen.
Schmerz ist ein wesentlicher Bestandteil unserer Sinne und gehört ebenso dazu, wie Riechen, Schmecken, Hören und Sehen. So wie durch einen Geruch oder einen visuellen Anreiz etwas im Gehirn ausgelöst wird, ist es auch beim Schmerz. Ein akuter, schmerzhafter Reiz löst einen elektrischen Impuls aus, der über Nervenfasern zum Rückenmark weitergeleitet wird. Von dort aus gehen die Schmerzsignale über eine Schaltstelle oberhalb des Hirnstamms zu verschiedenen Gehirnzellen. Diese sind für die Wahrnehmung der Sinnes- und Gefühlserlebnisse verantwortlich. Interessant ist, dass das Gehirn nicht über ein einzelnes Schmerzzentrum verfügt. Vielmehr entsteht die Wahrnehmung von Schmerz als Antwort auf eine Aktivierung verschiedener Schmerzzentren des Gehirns.
Grundsätzlich gilt, dass unsere Aufmerksamkeit, Einstellungen und Gefühle unser Schmerzempfinden verstärken oder schwächen. Du kannst es vielleicht, dass du an manchen Tagen schmerzempfindlicher bist als an anderen. Die Intensität, wie wir Schmerz wahrnehmen, hängt also nicht nur von den Nervensignalen ab, sondern von einem Zusammenspiel biologischer und psychologischer Aspekte.
Körperlicher und seelischer Schmerz
Rein medizinisch gesehen entsteht Schmerz im Bewusstsein. Die Forschung hat allerdings bewiesen, dass sowohl körperlicher als auch seelischer Schmerz eng zusammenhängen und teilweise in den gleichen Gehirnregionen verarbeitet werden.
Dazu gibt es ein Experiment von amerikanischen Wissenschaftlern, das zeigt, dass bei schmerzhaften Erfahrungen, wie sozialer Ablehnung oder einer Trennung der gleiche Verarbeitungsprozess zum Tragen kommt, wie bei einem körperlichen Schmerzreiz. Die Forscher untersuchten hierfür 40 Probanden, die alle innerhalb der vergangenen 6 Monate eine Trennung durchgemacht haben. Das Ergebnis zeigt, dass es zwei Gehirnregionen gibt, die bei körperlichen als auch seelischen Schmerzen aktiv werden.
Ein Leben ohne Schmerzen – Erlösung oder sinnlos?
Erleben wir einen besonders schweren akuten Schmerz oder leiden wir schon lange unter chronischen Schmerzen, liegt der Gedanke nahe, dass ein Leben ohne all diese Schmerzen sinnvoll ist. Allerdings ist dies nicht der Fall, denn durch Schmerz lernen wir und haben die Möglichkeit zu wachsen. Als Kind haben wir alle nur einmal auf die heiße Herdplatte gefasst, denn der Schmerz lehrte uns, diese nicht zu wiederholen. Wir haben gelernt, wie man Fahrrad fährt, auch wenn es das eine oder andere Mal mit einem schmerzhaften Sturz verbunden war. Vielleicht haben wir uns auch beim Erlernen einer neuen Sportart übernommen und landeten auf der Nase. Akute Schmerzen, die im Zusammenhang mit Verletzungen auftreten, sind in der Regel leicht zu behandeln. Unser Körper braucht von wenigen Tagen, zum Beispiel bei einer leichten Schnittverletzung, bis hin zu ein paar Wochen bei einem Knochenbruch, um die Verletzung zu reparieren. Solche akuten Schmerzen gehören zu unserem Leben dazu und müssen uns nicht weiter beunruhigen.
Gefährlich wird es dann, wenn der Schmerz nicht mehr gehen will und unsere Lebensqualität mindert. Während akute Schmerzen eine wichtige Schutzfunktion haben, die uns signalisiert, dass wir etwas dagegen unternehmen müssen, haben chronische Schmerzen keine sinnvolle Funktion mehr. Sie ziehen sogar oft verschiedene Probleme nach sich, wie die Einschränkung der Beweglichkeit, Schlafstörungen und psychische Belastungen. Langanhaltende Schmerzen führen laut Wissenschaft sogar dazu, dass unsere Nervenzellen immer empfindlicher werden und noch mehr leiden.
Da es sich bei chronischen Schmerzen oft um ein komplexes Zusammenspiel unterschiedlicher Faktoren handelt, gibt es kein Allheilmittel. Selbst starke Schmerzmittel helfen häufig nicht mehr und ziehen sogar noch weitere Nebenwirkungen nach sich. Wer chronische Schmerzen hat, sollte sich also fragen, wie man damit im Alltag besser umgehen kann. Vielleicht lassen sie sich nie ganz beseitigen, aber mit manchen Methoden zumindest lindern.
Das Schmerzempfinden ist individuell
Jeder empfindet Schmerz auf unterschiedliche Art und Weise – was immer auch von der Situation und den Umständen abhängt. Wie wir Schmerzen wahrnehmen, hängt auch davon ab, wie wir damit umgehen und ob wir wissen, wie lange der Schmerz zum Beispiel anhält. Ein gutes Beispiel hierfür sind Geburtsschmerzen. Unter anderen Umständen wären wahrscheinlich nicht viele Menschen dazu in der Lage, die Intensität und Dauer dieser starken Schmerzen auszuhalten. Doch die Vorfreude, später das eigene Kind in den Armen zu halten, schüttet Hormone aus, die es Frauen ermöglichen, durchzuhalten. Ein weiteres Beispiel dafür sind Schmerzen beim Tätowieren. Der Vorgang an sich ist mitunter sehr schmerzhaft und niemand würde sich sonst freiwillig über Stunden hinweg mit hunderten Nadeln stechen lassen. Auch hier macht die Freude auf das Ergebnis den Schmerz erträglicher.
Wenn es um Schmerzen geht, lässt sich das Gehirn auch austricksen, was zeigt, dass unsere Einstellung und unsere Gedanken eine große Rolle beim Schmerzempfinden spielen. Zahlreiche Experimente zeigen, dass der Placebo-Effekt tatsächlich wirkt. In einem erhielten 20 Probanden unterschiedlich starke Laserimpulse auf den Handrücken und wurden gebeten, den Schmerz zu bewerten. Danach gab man ihnen eine Creme, die angeblich schmerzlindernd wirkt, und sie erhielten noch einmal die genau gleichen Impulse. Obwohl die Creme keinerlei Wirkung hatte, bewerteten die Probanden die Schmerzen danach als schwächer. Dieser Effekt war auch im Gehirn sichtbar – trotz der gleichen Schmerzreise gaben die Nervenzellen ein anderes Muster von Signalen ab.
Das Empfinden von körperlichen Schmerzen ist somit immer subjektiv und von Mensch zu Mensch ebenso unterschiedlich wie von Situation zu Situation.
Schmerz ist Warnsignal, Herausforderung und Lernprozess
Schmerz ist ein komplexes und vielschichtiges Thema, das sowohl körperlichen als auch seelischen Einfluss auf uns nimmt. Akute Schmerzen dienen als Warnsignal und helfen uns, Gefahren zu vermeiden und aus Erfahrungen zu lernen. Chronische Schmerzen hingegen stellen eine Herausforderung dar, da sie oft keine schützende Funktion mehr haben und die Lebensqualität erheblich beeinträchtigen.
Insgesamt ist es wichtig, Schmerz nicht nur als etwas Negatives zu betrachten, sondern auch seine positiven Seiten zu erkennen. Ein besseres Verständnis des eigenen Schmerzempfindens kann uns helfen, besser mit ihm umzugehen und Strategien zur Linderung zu entwickeln.
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