Was ist Angst und warum haben wir sie?
Hattest du schon einmal Angst? Dann geht es dir wie allen anderen Menschen auch.
Angst gehört neben Freude, Ekel, Wut, Überraschung, Trauer und Verachtung zu den sieben Grundemotionen, die jeder von uns empfindet. Doch was ist eigentlich Angst, was passiert dabei mit uns und warum haben wir sie?
Angst ist wichtig für uns, sie ist ein natürliches Alarmsystem, das uns von Geburt an mitgegeben wird. Sie warnt unseren Körper vor Gefahren und sichert unser Überleben. Wenn unsere Vorfahren einem Raubtier begegneten, war es die Angst, die ihnen half, schnell zu reagieren, ihre Kräfte zu mobilisieren und zu flüchten oder in den Kampf zu gehen.
Was passiert bei Angst?
Sehen wir uns einmal an, was in unserem Gehirn passiert, wenn wir einer möglichen Gefahrensituation ausgesetzt sind. Im Alltag könnte das sein, dass du in der Ecke deiner Wohnung eine große Spinne siehst.
Der visuelle Kortex, der sich hinten im Gehirn befindet und das Sehen ermöglicht, sendet die Informationen direkt an die Amygdala, die auch Mandelkern genannt wird. Diese ist im Gehirn für die emotionale Bewertung einer Situation verantwortlich und steuert somit deine Angst. Sie schickt in Bruchteilen von Sekunden einen Alarm an den Locus coeruleus, der sich im Hirnstamm befindet. Daraufhin wird sofort Adrenalin ausgeschüttet und es kommt zur Angstreaktion. Je nachdem, wie stark die Angst ist oder in welcher Situation sie auftritt, wählst du dann die Reaktion, die dir am sinnvollsten erscheint, um zu überleben. Das kann sein, dass du in den „Kampf“ mit der Spinne gehst und mit dem Besen draufhaust oder du flüchtest dich sofort ins Nachbarzimmer.
Wie fühlt sich Angst an?
Wenn du Angst empfindest, setzt dein Körper eine Reihe von physiologischen Reaktionen in Gang. Dein Herzschlag beschleunigt sich, deine Muskeln spannen sich an und dein Atem wird schneller. Diese Veränderungen bereiten deinen Körper darauf vor, schnell zu handeln. Verantwortlich dafür sind Hormone wie Adrenalin und Cortisol, die in deinem Körper freigesetzt werden. Je nachdem wie stark deine Angst ist, bemerkst du:
- Starkes Herzklopfen oder einen beschleunigten Herzschlag
- Übermäßiges Schwitzen
- Zittern an den Händen oder im ganzen Körper
- Ein Gefühl der Kurzatmigkeit oder Atemnot
- Kälteschauer- oder Hitzegefühl
- Innere Unruhe
Bei sehr starker Angst können noch weitere Symptome auftreten:
- Erstickungsgefühle
- Schmerzen oder Beklemmungsgefühle in der Brust
- Übelkeit oder Magen-Darm-Beschwerden
- Schwindelgefühle und Benommenheit
- Ein Gefühl der Unwirklichkeit oder sich von der eigenen Person losgelöst fühlen
- Angst die Kontrolle zu verlieren
- Angst zu sterben
Ist Angst angeboren oder erlernt?
Angst ist sowohl angeboren als auch erlernt. In uns gibt es eine genetische Grundlage dafür, Angst zu empfinden. Hunderte, bis Tausende Gene sind dafür verantwortlich. Allerdings ist Angst nichts Starres, sondern verändert sich auch, was bedeutet, dass wir Ängste erlenen können, um uns vor neuen Gefahren zu schützen oder sie auch ablegen und überwinden können.
Unsere Vorfahren mussten sich noch keine Sorgen darüber machen, von einem Auto oder Zug angefahren zu werden – heute jedoch sollten wir nicht leichtfertig über Bahnschienen laufen oder auf der Autobahn spazieren. Andersherum müssen wir heute keine Angst mehr haben einem Säbelzahntiger oder wildgewordenem Mammut zu begegnen.
Wie wir Angst erlenen, erfolgt auf zwei unterschiedlichen Wegen. Zum einen lernen wir sie als Kind durch Imitation und Beobachtung. Oft ist es sogar so, dass wenn eine Frau während der Schwangerschaft sehr ängstlich ist, auch das Kind ängstlicher ist. Ebenso sehen Kinder sehr genau, wovor ihre Bezugspersonen Angst haben, was dazu führt, dass sie diese Angstgefühle ebenso entwickeln, zum Beispiel vor Spinnen, Höhe, Dunkelheit usw.
Neben der Nachahmung lernen wir Angst auch über eine Konditionierung. Bei dieser lernt ein Mensch, dass ein Verhalten eine bestimmte Konsequenz hat. Streicheln wir zum Beispiel mehrmals eine Katze und werden dann gekratzt oder gebissen, kann sich daraus eine grundsätzliche Angst vor Katzen entwickeln.
Durch die Imitation und Konditionierung ergeben sich verschiedene Ursachen von Angst. Damit gilt: Menschen können in der gleichen Situation sehr unterschiedlich reagieren, da ihr Angstempfinden stark voneinander abweicht.
Warum erleben wir heute noch Angst?
Auch wenn wir heute nicht mehr täglich mit lebensbedrohlichen Situationen konfrontiert sind wie unsere Vorfahren, bleibt die Fähigkeit zur Angst ein wichtiger Bestandteil unseres Lebens. Sie hilft uns nicht nur dabei, physische Gefahren zu vermeiden, sondern auch soziale und emotionale Herausforderungen zu meistern. Ob es sich um eine bevorstehende Prüfung handelt oder um ein wichtiges Vorstellungsgespräch – Angst kann uns motivieren, unser Bestes zu geben.
Ist Angst sinnvoll?
Insbesondere, wenn du eher zu den ängstlichen Menschen gehörst, hast du dich vielleicht schon einmal gefragt, wie es wäre, wenn du ein Leben ohne Angst führen würdest. Dass ist jedoch wenig sinnvoll, da du Gefahren dadurch unterschätzt und dich sogar in Lebensgefahr bringen kannst.
Beim Wandern oder Spazierengehen hast du folgendes vielleicht schon erlebt. Du bist gerade auf einem schmalen Pfad oder ein etwas unübersichtlichen Stelle. Plötzlich rutscht dein Fuß weg – und sofort kommt die bekannte Schrecksekunde. Der Adrenalinschub macht dich hellwach. Diese Angst ist nicht nur natürlich, sondern auch nützlich. Sie sorgt dafür, dass du besonders vorsichtig bist, langsamer gehst und deine Schritte bewusst setzt. Deine Sinne sind geschärft, und du achtest mehr auf deine Umgebung und mögliche Gefahrenquellen wie lose Steine oder unebene Stellen.
Ohne diese Angst würdest du die Risiken unterschätzen und unvorsichtig werden, was zu einem gefährlichen Sturz führt. Die Angst hilft dir also dabei, sicherer zu handeln und potenzielle Gefahren zu vermeiden. Sie mobilisiert deine Aufmerksamkeit und Energie genau dann, wenn es am wichtigsten ist, um sicher durch die Situation zu kommen.
Angst ist natürlich
Wie du siehst, ist Angst eine natürliche und sinnvolle Emotion, die uns schützt. Jeder von uns hat Angst – und das ist gut so.
Problematisch wird die Angst allerdings, wenn sie überhandnimmt und unser komplettes Leben bestimmt. Wie sehr die Angst dein Leben bestimmt, kannst du in unserem kostenlosen Selbsttest herausfinden.