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Einsam oder allein?
Einsam oder allein?

Allein oder einsam? 

Manche Menschen fühlen sich schnell einsam, wenn sie Zeit ohne andere verbringen, und dann gibt es solche, die gerne für sich allein sind. Die Begriffe einsam und allein werden häufig als Synonyme verwendet, dabei gibt es große Unterschiede. 

Einsamkeit ist ein Zustand, den wir in der Regel nicht selbst wählen, während Alleinsein sehr wohl bewusst erfolgen kann. Wir können allein sein und uns damit vollkommen wohlfühlen oder andersherum in Gesellschaft vieler Menschen sein und uns trotzdem sehr einsam fühlen. Mit Einsamkeit gehen andere Gefühle wie Traurigkeit einher und es führt auch zu negativen gesundheitlichen Folgen. Das Alleinsein hingegen ist nicht automatisch etwas Schlechtes. Oft ist sogar das Gegenteil der Fall – werden die Phasen des Alleinseins bewusst gewählt, kommt es zu positiven Effekten. Du kommst zur Ruhe, tankst Kraft und kannst dich selbst reflektieren.

Was ist Alleinsein – Zustand oder Emotion?

Das Alleinsein ist im Unterschied zur Einsamkeit kein innerlicher, subjektiver, sondern ein äußerlicher, objektiver Zustand. Wir können durch reine Beobachtung feststellen, ob ein Mensch gerade allein ist – z. B. ohne Begleitung in einem Restaurant isst. Dabei können wir aber nicht wissen, ob sich dieser Mensch gerade einsam fühlt. Der neutrale Zustand des Alleinseins kann sowohl positiv als auch negativ sein. Wenn wir frei wählen, allein zu sein, empfinden wir dies meist als positiv. Heute sprechen wir oft von Me-Time – eine Zeit nur für uns selbst. Wir haben die Möglichkeit, ganz frei zu gestalten, was wir machen möchten. Ein Buch lesen, einen Beauty-Tag einlegen, Sport treiben, unsere Gedanken aufschreiben, an unserem Mindset arbeiten etc. Wählen wir allerdings nicht bewusst aus, dass wir allein sein möchten, kann dieser Zustand zu Einsamkeit führen. 

Brauchen Menschen immer Menschen?

Grundsätzlich sind Menschen sozial verlangt. Die Zugehörigkeit zu einer Gruppe sicherte uns früher das Überleben. Wurde jemand zur Steinzeit sozial ausgeschlossen, kam das einem Todesurteil gleich. Diese Prägung ist noch bis heute wirksam und Einsamkeit oder das Gefühl des Ausgeschlossenseins erzeugt physische Schmerzen, die sich sogar mit dem Hirnscanner nachweisen lassen.

Heute ist es allerdings möglich, auch ohne soziale Kontakte zu überleben, was nicht bedeutet, dass wir diese nicht brauchen, um glücklich zu sein. 

Wer einsam ist, der fühlt sich abgeschnitten und nicht zugehörig. Das dauerhafte Gefühl der Einsamkeit kann deshalb auch krank machen. Der US-amerikanische Psychologe John Cacioppo (Universität Chicago) untersucht, wie soziale Isolation Menschen beeinträchtigt. Er kam zu dem Ergebnis, dass Einsamkeit mit einem höheren Risiko für Herzinfarkt, Demenz und Depression einhergehen und bei älteren Menschen sogar zu einem früheren Tod führen kann. 

Laut Cacioppo liegt die Lösung dafür aber nicht darin, mehr Zeit mit Menschen zu verbringen, sondern an unserer inneren Einstellung. Wer einsam ist, gerät oft in eine Abwärtsspirale und zieht sich immer weiter zurück. Es entstehen immer mehr negative Gedanken und andere Menschen werden irgendwann zu einer „Bedrohung“. 

Wie schnell wir uns einsam fühlen und wie gut wir allein sein können, entscheidet unser Innenleben. Und zwar sowohl unsere Grundkonstitution als auch die Lebenssituation, in der wir uns gerade befinden. Es gibt – insbesondere extrovertierte – Personen, die bei dem Gedanken an längere Zeit mit sich selbst Beklemmungen bekommen. Andere – beispielsweise Introvertierte – atmen dabei regelrecht auf. Und wer gerade aus einer Beziehung kommt, geht logischerweise anders mit Alleinsein um als jemand, der gerade ein halbes Jahr allein auf Weltreise war.

Wie viel Zeit wir allein verbringen, ist also individuell. Solange es uns damit gutgeht, ist alles in Ordnung. Kritisch wird es hingegen, wenn es überhaupt keine Impulse mehr gibt, sich mit anderen zu treffen oder auszutauschen – dann schlägt schnell die Einsamkeit zu. Ob das bei dir der Fall ist, kannst du leicht feststellen. Das bewusste Alleinsein tut dir gut, die Einsamkeit schmerz. Der wichtige Punkt dabei ist, ob du es selbst gewählt hast. Wer sich von sich aus fürs Alleinsein entscheidet, handelt selbstbestimmt. Anders derjenige, der sich echten Kontakt wünscht, aber nicht bekommt.

Die Vorteile des Alleinseins

Das frei gewählte Alleinsein hat einige Vorteile. Dadurch, dass du nicht durch die Interaktion mit anderen abgelenkt bist, kannst du dich voll auf dich selbst konzentrieren. Das gilt besonders dann, wenn du wirklich allein bist und nicht auf Social Media unterwegs oder wenn nebenbei noch der Fernseher läuft. Deine Aufmerksamkeit kann sich frei bewegen und auf neue, bisher unentdeckte Dinge oder Aspekte richten. Außerdem findest du mehr zu dir selbst und kommst mit deiner eigenen Gefühlswelt in Kontakt. Dadurch lernst du dich besser kennen, weißt mehr über deine Bedürfnisse, das was du brauchst, dir wünscht oder wo auch deine Grenzen liegen. Je besser du mit dir selbst vertraut bist, desto bessere und tiefere Beziehungen kannst du zu anderen Aufbauen. 

Wenn du nicht nur zuhause mal allein bist, sondern auch Dinge allein unternimmst, kannst du weitere Vorteile nutzen. Wenn du beispielsweise allein in den Urlaub fährst, kannst du ganz für dich entscheiden, was du machen möchtest und wann. Du erlebst manches intensiver und bist mehr bei der Sache. Das kann sehr bereichernd sein. 

Kann man Alleinsein lernen?

Zugegeben vielen Menschen fällt das Alleinsein heute schwer. Kaum sind sie einmal fünf Minuten allein, ohne Ablenkung, werden sie nervös. Dann fällt der Blick auf das Handy, der Fernseher wird eingeschaltet oder man macht etwas anderes, um das Gefühl allein zu sein zu überwinden. Wie fast alles ist auch Zeit mit sich verbringen und daraus Kraft schöpfen zu können Gewöhnungssache. 

Am Anfang hilft es, sich ein Zeitfenster zu setzen und sich ein paar Minuten bewusst zu nehmen. Das kann nach und nach gesteigert werden. Meditation ist ein guter Ansatz, das Stresslevel zu senken und hilft dabei, sich an sich selbst und die eigenen Gedanken in der Stille zu gewöhnen. 

Eine Liste mit schönen Aktivitäten, die man der Reihe nach ausprobieren kann, ist ebenfalls nützlich. Dazu gehören Dinge wie Musik hören, ein entspannendes Bad nehmen oder ein Besuch im Café oder Kino – idealerweise ohne Smartphone. Auf diese Weise kann man entdecken, dass das Alleinsein auch Freude bereitet. Denn wer es versteht, gut mit sich selbst allein zu sein, wird nie wirklich einsam sein.

Es gehört etwas Übung dazu, die Zeit für sich allein gut und sinnvoll zu nutzen – probiere es einfach mal aus.

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